v.l.Kinga Schmidt, Nils Andre Brünnig, Lisett Ansorge
© Ilja Wehrenfennig

Ein Gespräch mit Lisett Ansorge, Kinga Schmidt und Nils Andre Brünnig zu »Wir Kinder vom Bahnhof Zoo«

Kinga, du spielst in »Wir Kinder vom Bahnhof Zoo« die Hauptrolle der Christiane. Worum geht es in dieser Geschichte?

Kinga Schmidt: Kurz gesagt: Es ist die Geschichte eines 13-jährigen Mädchens, die sehr früh aus unterschiedlichen Gründen in eine Heroinsucht rutscht und dort hängenbleibt, die immer mal wieder versucht herauszukommen, es aber nicht schafft. Irgendwann landet sie sogar auf dem Strich, um das Geld zur Befriedigung ihrer Sucht zu finanzieren. Das Thema der Sucht ist für mich auch deshalb so spannend, weil du es auf alles anwenden kannst. Jeder von uns hat das Potenzial, nach irgendetwas süchtig zu sein. Der Mensch hat schon immer nach Rauschzuständen gesucht, um glücklich zu sein. Ein schönes Leben zu führen – das ist ja irgendwie die Sehnsucht von jedem. Deswegen finde ich es gut, eine Geschichte zu erzählen, die aus der Innenperspektive erzählt, wie es zu so etwas kommt, was dahintersteckt.

Lisett, du führst die Regie. Warum hast du dich dazu entschieden, diese Geschichte auf die Bühne zu bringen? Warum ist jetzt die richtige Zeit dafür?

Lisett Ansorge: Mich fasziniert, dass diese Geschichte, auch wenn sie aus den 70er, 80er Jahren stammt, nicht alt ist. Sie ist nicht alt, sondern total gegenwärtig. Sie hat so viele Inhalte mit denen Teenager auch heute genauso konfrontiert sind. Gerade heute. In jeder Generation gibt es einen dramatischen Umstand. Und bei uns? Nach Corona, nach dem Beginn des Ukraine-Krieges, nach steigenden Preisen und so vielen Dingen, die in unserer jetzigen Zeit gerade passieren ist das Thema Sucht wieder stark auf dem Vormarsch. Die Leute wollen sich glücklicher fühlen, wollen nicht mit den Problemen konfrontiert sein. Die Inhalte, die die Figur der Christiane in ihrem Leben verhandelt – die Suche nach Liebe, die Suche nach Anerkennung, die Suche nach Zugehörigkeit – sind außerdem Themen, die jeden Teenager beschäftigen. Nicht nur jeden Teenager, sondern jeden Menschen, der seinen Weg in dieser Welt sucht. Und deswegen ist dieser Stoff, auch wenn es vor allem der bekannteste Drogenstoff ist, gefühlt immer aktuell.

Nils, du spielst in dieser Produktion Detlef, den Freund von Christiane. Kannst du uns einen Eindruck davon geben, was auf der Bühne zu sehen sein wird?

Nils Andre Brünnig: Ich glaube, zuallererst ein starkes, spielfreudiges Ensemble. Wir haben viel über diese Idee des Rauschs, des Trips gesprochen und dass diese Geschichte sich so aufbaut, dass man eigentlich den Eindruck bekommt, man wird förmlich reingesogen. Man entwickelt das Gefühl, das könnte sich alles an einem Abend ereignen. Das war für uns ein spannender Gedanke. Also haben wir gesagt: Okay, lass uns da reingehen in diesen Strudel.

Für wen inszeniert ihr »Wir Kinder vom Bahnhof Zoo?« Wen wollt ihr damit erreichen?

Lisett Ansorge: Grundsätzlich ist es eine Inszenierung ab 14 Jahren, aber es ist ein Stoff und eine Thematik, die auch die Älteren beschäftigt. Wir wollen, dass es jeder schauen und sich auch damit identifizieren kann.

v.l.Kinga Schmidt, Nils Andre Brünnig, Lisett Ansorge

Lisett Ansorge bewegt sich schon seit Kindertagen auf Opern- und Schauspielbühnen. Nach dem Abitur war sie als Dramaturgie- und Regiehospitantin am Theater Chemnitz im Bereich Schauspiel, unter der Intendanz von Enrico Lübbe tätig. Nach ihrer Ausbildung zur staatlich anerkannten Logopädin studierte sie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Sprechwissenschaft und Phonetik. Während des Studiums absolvierte sie Praktika im Bereich Regie und Sprechtheater und arbeitete als Regieassistentin der Sprechbuehne an der Universität. Nach abgeschlossenem Studium war sie in der Spielzeit 2017 / 2018 als freie Regieassistentin an der Oper Halle tätig. Seit der Spielzeit 2018 / 2019 ist sie festes Mitglied der Oper Halle. In der Spielzeit 2019 / 2020 feierte sie mit der Musiktheaterproduktion »Die Kinder des Monsieur Mathieu« ihr Regiedebüt an der Oper Halle.

Kinga Schmidt wurde 1989 in Transsilvanien geboren und wuchs von der ungarischen Kultur und Sprache geprägt in Bayern auf. Ihr Schauspielstudium absolvierte sie in Rostock. Während dieser Zeit war sie bereits an verschiedenen Produktionen am Volkstheater Rostock beteiligt und im Frühjahr 2015 legte sie ihr Diplom an der Hochschule für Musik und Theater ab. Von dort aus ging es nach Berlin ans Theater an der Parkaue, wo sie für fünf Jahre als festes Ensemblemitglied war. Seit der Spielzeit 2020 / 2021 ist sie Ensemblemitglied am neuen theater Halle.

Nils Andre Brünnig, geboren 1991 in Wermelskirchen, studierte von 2014 bis 2018 Schauspiel an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Während des Studiums wirkte er in »Die Gerechten« am Staatstheater Oldenburg (Regie Peter Hailer), sowie in Inszenierungen von Titus Georgi »Buch (5 ingredientes de la vida)« und Stephan Hintzes »Leviathan« mit. Seit der Spielzeit 2018 / 2019 ist er Ensemblemitglied am neuen theater Halle.